Vorneweg …
Ist es eine gute Idee, im Sommer bei 35 Grad im Schatten durch Portugal mit dem Rad plus Gepäck zu fahren? Nein!
Sollte man bei einer solchen Radtour nicht wenigstens die Touristengebiete und Neubausiedlungen meiden?
Ja!
Gibt es denn wenigstens ausgebaute Radwege, so dass man einfach drauflosradeln kann?
Halbwegs.
Sind im Hochsommer die Campingplätze nicht alle überfüllt?
Wird so behauptet!
Aber ihr fahrt trotzdem?
Ja!
Vorab – Radwege vorhanden – Fahrrad mitnehmen oder nicht?
Die zwei wichtigsten Fragen, die uns vorab beschäftigten, waren die in der Überschrift genannten. Beantworten lässt sich die erste Frage vorab leider kaum. Die zwei bekannten Fernradwege sind die Via Algarviana und Ecovia. Auf beiden sind wir ein Stück weit gefahren. Das Fazit: beide Radwege sind ausgeschildert, gute Karten sowie eventuell GPS sind durchaus von Vorteil, und auch auf Landstraßen und Überlandstraßen gibt es Fahrradstreifen, außerdem fahren Portugiesen und Touristen vorsichtiger, als man gemeinhin behauptet.
Die zweite Frage lässt sich mit einem klaren „Fahrrad mieten“ beantworten. Der Transport eines Fahrrades schwankt je nach Fluglinie und Beförderungsbedingungen zwischen 50 und 100 Euro pro Strecke. Das macht bei zwei Fahrrädern zwischen 200 und 400 Euro. Dazu kommen Verpackung, Transport zum Flughafen, Demontieren der Drahtesel sowie Lagerung und/oder Beschaffung neuer Verpackung am Urlaubsort.
Wir entschieden uns aus diesen Gründen für die Mietvariante. Für 160 Euro pro Person mieteten wir uns für drei Wochen die Räder bei Lisabikes.
Faro – Quarteira – Albufeira – Armacao de Pera
Bei unserem Fahrradverleiher handelte es sich um einen Schweizer, der sich in der Nähe von Faro niedergelassen hatte. Da er selber passionierter Fahrradfahrer ist, gab er uns umfangreiches selbstgefertigtes Kartenmaterial. Seine Touren war er alle selber gefahren, und so beschlossen wir, dieses Kartenmaterial auch zu verwenden. Wir fuhren also einen Mix aus eigenen Wegen und Abschnitten der Ecovia und Via Algarviana.
Wir starteten in Faro. Durch den Parque natural de Ria Formosa, vorbei an Flamingos, Salzlagunen und dem Flughafen von Faro radelten wir parallel zur Küste. Der Weg immer nah am Strand entlang zwang uns ab und zu zum Schieben, aber für die ersten Tage war dies einer der schöneren Wegstrecken. Das lag daran, dass der Abschnitt vorbei an den Touristenorten Quarteira, Albufeira und Armacao de Pera führte. Von den früher sicher malerischen Fischerdörfchen konnte man so gut wie nichts mehr erkennen. Stattdessen Hotelburgen, Massentourismus, Restaurants und
Souvenirshops. Glücklicherweise liegen die Campingplätze meist etwas außerhalb des schlimmsten Touri-Rummels. Und entgegen aller Warnungen von Lonely Planet und anderen Reiseführern bekamen wir trotz Hochsaison überall immer einen Platz. Außerdem waren die Campingplätze generell gut ausgebaut, sauber, fast immer mit Schattenplätzen und auch nicht übermäßig verlärmt oder so. Viele hatten sogar einen Pool sowie Shop und Restaurant.
Carvoeiro – Portimao – Luz – Lagos
Bis nach Luz sollte sich das Bild nicht ändern. Touristenburg folgt auf Neubaugebiet dann wieder Touristenburg. Dazwischen trockenes Hinterland mit vielen Hügeln, malerische heiße Landschaften und immer mal Flüsschen, kleine Buchten und Felsen. Das Radfahren bei 35 Grad im Schatten war aber gar nicht so schlimm. Mit Kappe, wichtigstes Equipment zusammen mit Sonnencreme, dazu regelmäßig Kopf nass machen, viel trinken und wo es geht Eis und kalte Cola – so war es an sich recht angenehm. Erst am Nachmittag gegen 15 oder 16 Uhr wurde es auf dem aufgeheizten Asphalt hitzig. Nach einer gewissen Zeit hatten wir uns auch an die ungläubigen Blicke der Pauschaltouristen gewöhnt. Foto- und Videoaufnahmen wurden von uns gemacht, staunende und kopfschüttelnde Rentnerreisegruppen aus dem Ruhrgebiet und Gegröle vom Partyvolk aus dem Mietwagen. Aber ebenso erfuhren wir große Hilfsbereitschaft, denn an einigen Stellen war der Weg so steil, dass man nur schiebend vorwärts kam. Tatkräftig wurde bei den verrückten Deutschen mit angepackt.
Der große Rummel ist dann hinter Lagos vorbei. Dieser letzte große Touriort ist Hafenstadt und eignet sich perfekt für einen Tagesausflug. Ein kleines süßes Zentrum, einige Museen und Sehenswürdigkeiten, Eisdielen und Andenkenläden sowie eine Promenade lohnen wirklich einen Besuch. Wir rollten allerdings gleich weiter in das 30 Minuten entfernte Luz. Dieser kleine Badeort hat einen schönen Campingplatz (Orbitur), überschaubaren Tourismus und ist vielleicht das, was manche als ein ruhiges Kleinstädtchen bezeichnen würden. Außerdem kommt man schnell nach Lagos und wieder zurück.
Sagres – Olhao – Ilha de Cultura
Wir behielten es die gesamte dreiwöchige Tour bei, dass wir einen Tag Rad fuhren, einen Tag pausierten, dann wieder Rad fuhren und so weiter … Auch wenn die Hitze im Großen und Ganzen o.k. war und der Gegenwind uns kühlte, war es doch eine Grenzerfahrung. Wir radelten auch nur 20 bis 50 Kilometer pro Tag. Mehr war einfach nicht drin, wenn wir unsere Gesundheit nicht aufs Spiel setzen wollten. Außerdem ist die Algarve bergig. Sehr bergig sogar. Einer Abfahrt in Richtung Strand folgt unweigerlich ein Aufstieg, der es in sich hat. Erst hinter Luz wurde die Landschaft flacher. Auf einem Plateau fährt man recht gemütlich in die Küstenstadt Sagres. Hier locken vor allen Dingen die Surferstrände sowie der südwestlichste Zipfel Europas, an dem man die inzwischen berühmte „Letzte Bratwurst vor Amerika“ bekommt. Durch die große Anzahl an Stränden, die wirklich alle einen eigenen Charakter haben, ist es nicht überlaufen. Surferboys und Girls, dazu ein paar Einheimische und Touristen – das war`s. Sagres hat sich noch ein bisschen Charme bewahrt.
Wir verbrachten hier badend, schnorchelnd und tauchend unsere letzte Urlaubswoche. Den Rückweg nach Faro legten wir mit der Bahn ab Lagos zurück – eine Tour von 2 Stunden, was etwas frustierend war, wenn man bedenkt, dass wir in der Gegenrichtung 1,5 Wochen unterwegs waren. Da wir in Faro leider kein Zimmer bekamen, fuhren wir einen Ort weiter nach Olhao. Auch dort wieder ein schöner Campingplatz, und man kann von der Stadt aus die vorgelagerten Inseln besuchen. Ein Tipp, den wir leider nicht umsetzen konnten: Versuchen Sie auf den vorgelagerten Inseln einen Bungalow zu bekommen. Tagsüber sind die Inseln zwar von Touristen in Beschlag genommen, aber früh und abends muss es ein Traum sein …